Tief verbunden – In Freundschaft mit Introvertierten
Das Thema Freundschaft hat für uns Introvertierte einen gewissen Beigeschmack. Da schwingen Verletzungen mit, weil man irgendwie immer anders war. Unsicherheiten, weil man noch immer nicht so richtig weiß, wie man sich im Freundeskreis verhalten soll. Und Traurigkeit, weil da vielleicht gar keine Freunde sind oder nur lose Bekanntschaften, die eher anstrengen als beflügeln.
Wir tun uns schwer, einfach auf Menschen zuzugehen, Treffen zu initiieren und unsere Bedürfnisse offen mitzuteilen. Unser Umfeld hingegen übersieht uns schnell mal, nimmt uns als arrogant und desinteressiert wahr oder hält uns für langweilig, weil sie sich nicht die Zeit nehmen, mit uns in die Tiefe abzutauchen.
Bleibt ein Intro aber doch mal kleben und geht eine Freundschaft ein, so ist diese tief und bereichernd. Introvertierte Menschen bringen eine Menge Eigenschaften mit, die sie zu treuen und loyalen Gefährt:innen machen.
Welche Eigenschaften bringen Introvertierte mit in eine Freudschaft?
Wie Freundschaften verlaufen, ist natürlich vorrangig von der individuellen Persönlichkeit abhängig. Jedoch bringen introvertierte Menschen durch ihre typischen Charaktereigenschaften Aspekte mit, die die Freundschaft auf gewisse Weise prägen können. Diese sind unter anderem:
👉 Introvertierte bevorzugen tiefe Gespräche. Das zeigt sich schon beim ersten Kennenlernen. Versucht man es mit Smalltalk, verläuft die Annäherung an einen introvertierten Mensch eher holprig und wird vermutlich schnell durch ihn abgebrochen. Findet man hingegen ein Thema, für das er oder sie sich begeistern kann, wird man die Erfahrung eines tiefgehenden und angeregten Gesprächs machen können.
👉 Introvertierte können gut zuhören. Hast du nach einem Treffen das Gefühl, dich mal so richtig leergequatscht zu haben? Dann war dein Gegenüber vermutlich introvertiert. Intros nehmen sich gerne Zeit, bevor sie auf das Gesagte antworten. Sie sind aufmerksam, fokussiert und durchdenken das Gehörte. Dadurch fühlt man sich im Gespräch mit ihnen ernst genommen und beachtet.
👉 Introvertierte sind empathisch. Das aufmerksame Zuhören führt dazu, dass Introvertierte ein gutes Verständnis für Menschen entwickeln, sich in sie hineinversetzen und gute Ratschläge geben können. Es fällt auch auf, dass sie sich Dinge besonders gut merken können und sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgreifen. Ich selbst habe schon oft den Satz gehört: “Ach, das weißt du noch?”.
👉 Introvertierte brauchen Zeit. Freundschaften mit Introvertierten entstehen nicht von heute auf morgen. Sie legen mehr Wert auf eine tiefergehende Beziehung mit geteilten Werten und Ansichten. Ein lustiger Partyabend reicht da nicht aus, um von “Freundschaft” zu sprechen. Da Introvertierte sich generell zögerlicher verhalten und besonders in Gruppen Schwierigkeiten haben, längere Gespräche zu führen, entsteht eine Freundschaft mit ihnen am besten im Zwiegespräch.
👉 Introvertierte brauchen Zeit allein. Während extrovertierte Menschen Energie durch den Austausch mit anderen Menschen gewinnen, wird sie Introvertierten eher entzogen. Sie brauchen dann Zeit für sich, um ihren Akku wieder aufzuladen. Das ist besonders dann wichtig zu wissen, wenn man gemeinsam mehrere Tage verbringt und es nicht genügend Möglichkeiten für Rückzug gibt.
Für eine Freundschaft ist es somit nicht unerheblich, ob die Menschen, die sie pflegen, eher introvertiert oder extrovertiert sind. Um so besser, wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat 😉 Dann kann man ganz bewusst ein paar Punkte beachten, um die gemeinsame Zeit so wertvoll wie möglich zu gestalten.
Was gibt es in einer Freundschaft mit Introvertierten zu beachten?
Was natürlich in allen Freundschaften gilt, ist für Introvertierte besonders wichtig: respektiert ihre Bedürfnisse. Denn besonders in menschenreichen Umgebungen ist ihr Energielevel schnell im Keller. Sie brauchen dann Zeit für sich, um wieder auftanken zu können.
Auch sind introvertierte Freund:innen nicht die aller spontansten. Mal eben unangekündigt vor der Tür stehen – bloß nicht! Wir Intros brauchen immer die Möglichkeit, uns auf bevorstehendes einzustellen, uns möglicherweise vorzubereiten und letzlich höchstwahrscheinlich abzusagen. 😗🎶
Denn Intros sagen gerne ab. Termine sind das Haar in der Kalender-Suppe. Und selbst wenn wir mal einen motivierten Moment haben und allen möglichen Terminen zusagen – vermutlich finden wir noch rechtzeitig eine gute Ausrede. Das sollte man nicht persönlich nehmen. Wir können doch auch nichts dafür, dass Jogginghosen so wunderbar weich sind.
Introvertierte sind lieber nur dabei, statt mittendrin. Deshalb sollten Situationen vermieden werden, die sie in den Mittelpunkt stellen. Ständchen zum Geburtstag, Vorträge im Team halten oder auch nur eine persönliche Geschichte im Freundeskreis erzählen – wenn alle Augen auf uns gerichtet sind, fühlen wir uns einfach unwohl.
Zu einer Freundschaft gehören ja bekanntlich zwei. Deshalb sollten auch wir Intros wissen, worauf wir so achten sollten, um gute Freundschaften zu führen.
Worauf sollte ich als Intro in Freundschaften achten?
Introvertierte können manchmal Schwierigkeiten haben, Freundschaften aufrechtzuerhalten oder neue Freundschaften zu schließen. Hier also ein paar Tipps für dich, wie du dich dem am besten entgegen stellen kannst:
📣 Sei offen und ehrlich
Wenn man introvertiert ist, kann es schwer sein, sich anderen gegenüber zu öffnen. Es ist jedoch wichtig, ehrlich zu sein und den anderen zu erklären, warum man sich zurückzieht oder Zeit allein benötigt. Wenn man offen ist, kann man Missverständnisse vermeiden und die Freundschaft auf eine ehrliche Basis stellen.
🎮 Suche nach gemeinsamen Interessen
Freundschaften entwickeln sich oft aufgrund gemeinsamer Interessen oder Aktivitäten. Introvertierte sollten sich auf die Suche nach Menschen machen, die ähnliche Interessen haben. Das kann beispielsweise durch einen gemeinsamen Sport oder ein gemeinsames Hobby geschehen. Dann spielt es auch weniger eine Rolle, wie unterschiedlich man in anderen Lebensbereichen ist.
✋ Setze Grenzen
Introvertierte sollten sich nicht dazu zwingen, ständig sozial zu sein, wenn sie das nicht wollen. Es ist wichtig, Grenzen zu setzen und den Freund:innen zu erklären, dass man Zeit allein benötigt, um sich zu erholen und Energie zu tanken.
🤖 Nutze die Vorteile der Digitalisierung
Social Media und Messaging-Apps bieten introvertierten Menschen eine gute Möglichkeit, mit Freund:innen in Kontakt zu bleiben, ohne sich unter Druck gesetzt zu fühlen. Das kann beispielsweise bedeuten, dass man sich mit Freunden über Textnachrichten unterhält, statt sich physisch zu treffen.
⌛ Sei geduldig
Es kann länger dauern, bis sich als Intro eine Freundschaft entwickelt. Wie oben beschrieben, brauchen wir einfach mehr Zeit für die Annäherung. Deshalb erkläre Bekanntschaften nicht als gescheiterte, sondern als potenzielle Freundschaften. Vielleicht hilft es auch, sich erst einmal auf weniger Menschen zu konzentrieren und diese dafür öfter zu sehen.
🧌 Hinterfrage dich nicht ständig
Wir Intros sind so wahnsinnig unsicher. Bevorstehende Ereignisse werden bis ins kleinste Detail durchdacht, zurückliegende lassen uns nachts wach liegen. Grübel, grübel, grübel. Auch wenn es schwer fällt: mach dir bewusst, dass das alles nur in deinem Kopf so riesig ist. Peinliche Situationen werden von anderen schon im nächsten Moment vergessen oder gar nicht erst registriert. Du bist nicht so awkward, wie du dich fühlst.
Es ist schon verrückt bis traurig, dass wir Introvertierten uns oft so schwer mit Freundschaften tun. Mit unseren Persönlichkeiten bringen wir so viel Gutes mit, das eine Freundschaft zu einer tiefen und bereichernden Erfahrung werden lässt. Wenige enge Freundschaften funktionieren für uns oftmals besser als große lockere Freundeskreise, in denen wir schnell verloren gehen. Wenn wir bewusst mit unseren Bedürfnissen und Eigenarten umgehen, haben wir so die Chance, Freundschaften fürs Leben zu schließen. 🤍